Vom Schuldenatlas bis zur Beratung

Während das langjährige ehrenamtliche Engagement der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Lippstadt inzwischen mehr oder weniger zum Erliegen gekommen ist (worüber Rote Lippe Rose in der in Vorbereitung befindlichen Dokumentation über die kommunale Neuordnung in 1975 und ihre Folgen für die heimische Region berichten wird), sind es derzeit die hauptberuflich betreuten Angebote, mit denen die AWO in Erscheinung tritt. So auch die AWO-Schuldnerberatung in der Beckumer Straße 14, die im August im Mittelpunkt des Interesses der Lippstädter SPD Arbeitsgemeinschaft 60plus stand.

Dialog zwischen  60plus und Timo Kortmann-Albers

Kompetenter Gesprächspartner:
Timo Kortmann-Albers schilderte beim Dialog mit 60plus die Aufgaben der Schuldnerberatung der Arbeiterwohlfahrt in der Beckumer Straße.
Foto: Hans Zaremba

Vier Büros im Landkreis und ihre Statistik  

Beim 60plus-Treffen im AWO-Haus im Lippstädter Norden blickte der Gastgeber Timo Kortmann-Albers zur Eröffnung des Dialoges mit den SPD-Senioren auf den Jahresbericht 2023 der vier Schuldnerberatungsstellen im heimischen Landkreis (AWO Lippstadt, Diakonie Ruhr-Hellweg e.V., Sozialdienst katholischer Frauen in Soest sowie in Werl). Dazu einige statistische Daten: Im Berichtsjahr wurden in den vier Büros insgesamt 2.718 Klientinnen und Klienten (537 mehr im Vergleich zu 2022) beraten. Davon entfielen 803 Fälle auf Langzeitberatungen (Vorjahr 754) und 1.915 auf Kurzberatungen (zuvor in 2022: 1.427, was einen Anstieg von 25 Prozent bedeutet). Der Zuwachs war gleichmäßig, so das präsentierte Zahlenwerk, auf die Beratungsformen verteilt. Die AWO Lippstadt hat insgesamt 889 Fälle bearbeitet, der SkF in Soest (699) und Werl (704), während bei der Diakonie in Warstein 426 Vorgänge betreut wurden. Bei den Langzeitberatungen lag die Zahl von Beziehern des ALG (Arbeitslosengeldes) mit 29,3 Prozent in 2023 nur leicht unter dem Jahr 2022. Die Anzahl mit einem Sozialgesetzbuch (SGB) XII-Einkommen lag mit 4,7 Punkte rund 2 Prozent unter denen des Vorjahres. Der größte Teil entfiel auf Personen mit eigenem Erwerbseinkommen.

Gruppenbild nach dem Treffen von 60plus in der Schuldnerberatung der AWO:
Mit dem Lippstädter 60plus-Vormann Karl-Heinz Tiemann (rechts oben)
Foto: AWO Lippstadt

Überschuldungslage

Vor dem Hintergrund des Schuldneratlas Deutschland 2023 (Stand vom 15. November 2023 und herausgegeben von Creditreform Wirtschaftsforschung, Creditreform Boniversum GmbH, microm Micromarketing-Systeme und Consult GmbH) erklärte Timo Kortmann-Albers: „Die Überschuldungslage der Verbraucher ist ambivalent.“ Auf dem ersten Blick habe sie sich 2023 nochmals leicht verbessert. Nur noch 5,65 Millionen Menschen (ein Minus von 233.000 Fällen gegenüber 2022) galten in Deutschland als überschuldet. Offiziell sicherlich ein erneuter Tiefstand. Fachleute sehen die Entwicklung skeptischer. „Die vermeintlich guten Werte trügen leider“, meint Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform.

Schuldnerquote

Zudem ging der AWO-Referent aufgrund des Jahresberichtes der Schuldnerberatungsstellen auf die Wirtschaftliche Lage ein, ebenso auf die neue Schufa-Regelung und den aktuellen Stand zum Bürgergeld. Darüber hinaus zeigte Timo Kortmann-Albers die Entwicklung der Schuldnerquote im Kreis Soest und in der Umgebung (Kreisfreie Stadt Hamm, Hochsauerlandkreis, Gütersloh, Warendorf, Unna, Paderborn und Märkischer Kreis) von 2018 bis 2023 auf. Weiterhin blickte er auf Verschuldungsformen und Überschuldungsursachen. Auffallend ist auch die Statistik mit den Ratsuchenden in den 14 Gemeinden und Städten im Kreis Soest (Anröchte, Bad Sassendorf, Geseke, Erwitte, Ense, Lippetal, Lippstadt, Möhnesee, Rüthen, Soest, Warstein, Welver, Werl und Wickede). Da nimmt Soest mit 21,30 Prozent den ersten Rang ein, gefolgt von Werl (19,37) und Lippstadt (17,43). Der Leiter der Lippstädter SPD-Senioren, Karl-Heinz Tiemann, dankte in seiner Zusammenfassung dem Gesprächspartner Timo Kortmann-Albers für seine fachkundigen Ausführungen. Rote Lippe Rose wird zum Komplex „Schuldnerberatung in Lippstadt“ in der Print-Ausgabe 11/2024 ein ergänzendes Interview mit dem AWO-Berater veröffentlichen.

Hans Zaremba