Vor einen halben Jahrhundert – am Mittwoch, 16. Januar 1974 – ist mit Jakob Koenen der bisher am längsten in Lippstadt amtierende Bürgermeister verstorben. Der Verein zur Aufarbeitung der Geschichte der Arbeiterbewegung in Lippstadt hatte daran im Januar diesen Jahres mit einer Veranstaltung in der Jakobikirche und dem von ihm veröffentlichten Buch „Jakob Koenen – Bürgermeister, Bundestagsmitglied, Mann des Sport, Ehrenbürger“ erinnert. Nun schaut Rote Lippe Rose auf den Sonntag, 27. September 1964, zurück, als die Lippstädter Sozialdemokratie mit Jakob Koenen als Spitzenkandidaten bei der Kommunalwahl die absolute Mehrheit im Stadtrat erreichte.
Heute – am 27. September 2024 – vor 60 Jahren
Vertrauensbeweis
Der ausgezeichnete Vertrauensbeweis für die SPD im Herbst 1964 war offenkundig auf die außergewöhnliche Popularität von Jakob Koenen zurückzuführen. Der Abstand der Sozis gegenüber den Mitbewerbern war eindrucksvoll. Die SPD lag mit 47,5 Prozent deutlich vorne, gefolgt von der CDU mit 40,2 und der FDP 6,6. Mit 4,9 Punkten war der BHE (Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten) an der Klausel von fünf Prozent gescheitert und zog nach 1952, 1958 und 1961 nicht wieder in den Rat ein und verschwand in Lippstadt von der politischen Bildfläche. Auch für das Zentrum bedeutete diese Wahl das Aus. Nur 0,8 Prozent konnte das katholische Bündnis erreichen. 1948, wo Jakob Koenen erstmals zum Bürgermeister gewählt wurde, waren es noch glatte acht Prozent gewesen. Die SPD gewann vor 60 Jahren (der Landtag hatte infolge des Bevölkerungszuwachses von Lippstadt den Stadtrat von 30 auf 31 Sitze aufgestockt) 16 Ratssessel, zuvor waren es 13. Die CDU (13 Sitze) und die FDP (2) konnten ihre Anteile halten, während die GDP (Gesamtdeutsche Partei) ihre zwei Mandate verlor und somit leer ausging. Jakob Koenen, der strahlende Wahlsieger, kommentierte das Ergebnis wie folgt: „Ich bin stolz auf unsere Lippstädter. Ich freue mich darauf weitermachen zu können für unsere Lippestadt.“ Auffällig war die Wahlbeteiligung im Jahr 1964. Während sie landesweit nur bei 67 Prozent lag, war sie in Lippstadt mit 81,3 Prozent besonders hoch. Beachtlich war auch der Zuwachs bei der Briefwahl. Insgesamt waren 1.347 Wahlscheine für die Wahl beantragt worden, während bei der vorherigen Kommunalwahl in 1961 in Lippstadt nur 750 Briefwähler gezählt wurden.
Ratsfraktionen
Die SPD-Fraktion setzte sich im Herbst 1964 aus der Ratsfrau Berni Alff und den fünfzehn Ratsherren Günter Ballhorn, Oskar Bilke, Heinrich Dickhut, Franz Dreier, Werner Franke, Max Gorny, Jakob Koenen, Werner Kühl, Werner Roß, Engelbert Sander, Peter Sauermann, Wolfgang Sparkuhle, Georg Schenk, Hermann Schuchtrup und Erich Wandel zusammen. Die Wahl der drei hauptamtlichen Gewerkschaftler Werner Franke, Engelbert Sander (beide Industriegewerkschaft Metall) und Hermann Schuchtrup (Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr) in die Ratsversammlung belegt die starke gewerkschaftliche Prägung der Lippstädter Sozialdemokratie in den 1960er Jahren. Mit Berni Alff und Heinrich Dickhut waren gleichzeitig Tochter und Vater Mitglieder einer gemeinsamen Ratsfraktion geworden. Seit dem Jahr 2020 sind mit den heutigen SPD-Ratsmitgliedern Ute Strathaus und Udo Strathaus erneut Tochter und Vater im Stadtrat vertreten. Überdies gelangten vor sechs Jahrzehnten für die CDU Bernhard Bartmann, Fritz Beyer, Hans Budde, Dr. Barbara Christ, Gustav Engelke, Josef Schulte Döinghaus, Ferdinand Schürmann, Fritz Schütte, Rosemarie Gräfin von der Schulenburg, Hermann Schlepphorst, Hans Schwade, Erich Tischer und Heinrich Wiemeyer sowie für die FDP Walter Feith und Erich Hoffacker in den Stadtrat.
Popularität
Jakob Koenen befand sich 1964 auf dem Höhepunkt seines Wirkens. Über das Amt des Bürgermeisters hinaus war er zu jener Zeit bereits elf Jahre Mitglied des Deutschen Bundestages, dem er noch bis 1969 angehören sollte. Zugleich bekleidete er die Funktion des Schatzmeisters des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und war auf dem legendären DFB-Bundestag am Samstag, 28. Juli 1962, einer der Wegbereiter für die Gründung der Bundesliga, die am Samstag, 24. August 1963, ihren Spielbetrieb aufnahm.
Hans Zaremba