Von 1965 bis 1978 fanden in allen Flächenländern der damaligen westdeutschen Bundesrepublik Deutschland räumliche Neuordnungen statt. In Nordrhein-Westfalen wurde die kommunale Gebietsreform im Wesentlichen in zwei größeren Neugliederungsschritten durchgeführt. Für Lippstadt war das am Neujahrstag 1975 in Kraft getretene Münster/Hamm-Gesetz vom 9. Juli 1974 ausschlagend und durch das die heutige Stadt Lippstadt entstanden ist.
Hans Zaremba über die Neuordnung
Zuordnung ehemaliger Gemeinden ins Stadtgebiet von Lippstadt
Durch die Zuordnung der bis zum 31. Dezember 1974 eigenständigen Gemeinden Benninghausen, Bökenförde, Cappel, Dedinghausen, Eickelborn, Esbeck, Garfeln, Hellinghausen, Herringhausen, Hörste, Lipperode, Lohe, Overhagen, Rebbeke und Rixbeck sowie Teile von Liesborn (Bad Waldliesborn) und Ermsinghausen (Gut Schwarzenraben) in das Gebiet von Lippstadt erweiterte sich die Fläche Lippstadts von ehemals 29,82 auf heute 113,3 Quadratkilometer und die Einwohnerzahl wuchs am 1. Januar 1975 von zirka 44.000 auf rund 67.000. Mit diesem Reformschritt war zugleich eine Veränderung der Kreisstruktur verbunden. Dazu ein kurzer Rückblick: Ende der 1960er Jahre stand fest, dass die Kreise Lippstadt und Soest in einem Großkreis aufgehen sollten. Die Neuordnung im Altkreis Soest war bereits in 1969 abgeschlossen. Dort waren neben den größer gewordenen Städten Soest und Werl die Großgemeinden Bad Sassendorf, Ense, Möhnesee, Welver und Wickede sowie Lippetal (aus den vorher selbständigen Kommunen Herzfeld und Lippborg im Kreis Beckum sowie Hovestadt im Altkreis Soest) gebildet worden, während Eickelborn und Lohe vorerst außen vorblieben. Sie wurden in 1975 im Zuge der Neugestaltung des Altkreises Lippstadt im Januar 1975 der Stadt Lippstadt zugeordnet. Von 1969 bis 1974 wurden die beiden Orte von der Verwaltungsgemeinschaft Lippetal betreut.
Verlust des Kreissitzes
Da mit den Veränderungen vom 1. Januar 1975 die neuen Ortsteile in Lippstadt eingegliedert und nicht mit der Kernstadt zusammengeschlossen wurden, blieb die vormalige Stadt Lippstadt juristisch bestehen. Somit galt ihr gesamtes Ortsrecht ab 1975 für die Kernstadt und die neuen dörflichen Ortsteile. Das bedeutete zudem die Fortführung der Amtszeit des vor fünf Jahrzehnten noch ehrenamtlich tätigen Bürgermeisters Dr. Gerhard Wolf (1935-2020) aus der FDP, der nach dem Tod des Sozialdemokraten Jakob Koenen (1907-1974) ein knappes Jahr vor der Gebietsreform von der damaligen SPD/FDP-Mehrheit im Stadtrat gewählt worden war. Betrüblich war für Lippstadt, dass infolge der Umgestaltungen zugleich für den künftigen Kreissitz die Stadt Soest bestimmt wurde. Im Vorfeld der gesetzlichen Regelungen gab es unter anderem die Überlegungen, Bad Westernkotten, Mantinghausen und Mastholte mit Lippstadt als neue Kommune zu verbinden. Dies wurde mit der Zeit aber verworfen. Ähnlich wie das Lippstädter Ansinnen, ebenso Benteler (heute Ortsteil von Langenberg), Langeneike (Geseke), Weckinghausen (Erwitte) und Westenholz (Delbrück) ins Stadtgebiet aufzunehmen. Übrigens: Der gesamte Katalog eines größeren Lippstadts stammte vom Stadtdirektor Friedrich Wilhelm Herhaus (1927-2014). Diese Liste wurde zur offiziellen Lippstädter Stellungnahme zum Neuordnungs-Vorhaben der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen für die heimische Region. Von unterschiedlichen Interessen geleitet war zudem der Zuschnitt des heutigen Großkreises Soest. Lange galt es als ausgemacht, dass der noch bis zum 31. Dezember 1974 bestehende Amtsbezirk Liesborn-Wadersloh mit den heutigen Ortsteilen Diestedde, Liesborn und Wadersloh der zum 1. Januar 1975 geschaffenen Großgemeinde Wadersloh in den neuen Kreis Soest aufgehen würde. Doch dies wurde von der münsterländischen Lobby im Landtag durchkreuzt. Damit fehlte Lippstadt als möglicher Kreisstadt des neuen Gebildes das notwendige Hinterland, was den Soestern in die Hände spielte.