Bei der Vorbereitung der Printausgabe 9/2024 von Rote Lippe Rose erreichte die Redaktion die Nachricht vom Tod des Bochumer Historikers Professor Dr. Bernd Faulenbach (1943-2024). Auch in Lippstadt war der anerkannte Wissenschaftler kein Unbekannter. Zweimal – 2013 beim damaligen SPD-Stadtparteitag und 2016 zur Eröffnung der Friedrich-Ebert-Ausstellung – war der Sozialdemokrat zu Terminen in Lippstadt.
Verdienste um die Aufarbeitung der SPD-Geschichte
Der Ehrenvorsitzende der Bochumer SPD deren Parteiorganisation Bernd Faulenbach von 2001 bis 2009 als ihr Vormann diente, ist am Samstag, 15. Juni 2024, nach schwerer Krankheit verstorben. Es ist anerkennenswert, wie sich der Verstorbene neben seiner theoretischen Arbeit mit einer Vielzahl von Veröffentlichungen ebenso der praktischen Arbeit seiner Partei gewidmet hat. Bei unzähligen SPD-Bundestreffen prüfte er mit kritischem Blick das Engagement der SPD-Parteigliederungen, die von diesen auf den Bundesparteitagen mit den Wettbewerben „Lebendiger Ortsverein“ präsentiert wurden. Auf den Parteitagen in Bremen (1991), Wiesbaden (1993) und Mannheim (1995) waren auch die Lippstädter Sozis mit Beiträgen vertreten. Bleibende Verdienste hat sich Bernd Faulenbach um die SPD-Geschichte erworben. Sowohl in Westfalen in 1988 durch die Schrift „Eine Partei in ihrer Region“ als auch deutschlandweit in 2012 mit dem Buch „Das sozialdemokratische Jahrzehnt“. Diese Publikationen sind nur zwei Beispiele aus der großen Sammlung des Hochschulprofessors, der jahrzehntelang an der Ruhr-Universität Bochum lehrte. In den 1990er Jahren war er Mitglied der Enquete-Kommissionen des Deutschen Bundestages zur Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur. Von 1998 bis 2016 war er stellvertretender Vorsitzender der Bundesstiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur. Seine letzte Veröffentlichung erschien im Februar 2024 als Aufsatzsammlung unter dem Titel „Zur Freiheits- und Demokratiegeschichte. Vier Vorträge mit einer Einführung“.
Unschätzbar wichtige Arbeit
Nachhaltig war der Einsatz von Bernd Faulenbach als Vorsitzender von 1989 bis zur von der vorübergehenden SPD-Parteichefin Andrea Nahles initiierten Auflösung der Historischen Kommission als geschichtspolitisches und traditionsbewahrendes SPD-Gremium in 2018. In dieser Funktion leistete der Bochumer eine unschätzbar wichtige Arbeit für das Geschichtsbewusstsein der ältesten Partei Deutschlands. Die Einstellung der Historischen Kommission vor sechs Jahren wurde in Berlin mit Kostendruck begründet und bewirkte harsche Vorwürfe verschiedener Historiker gegen die damalige SPD-Spitze. Bernd Faulenbach warf nach einer Meldung vom 2. August 2018 im „Deutschlandfunk“ den Entscheidern im SPD-Vorstand, insbesondere Mitgliedern der jüngeren Generation, „eine gewisse Geschichtslosigkeit“ vor: „Die sind immer im Heute. Die haben kein Gestern, und deshalb leider auch kein Morgen. Und das führt zu einer Kurzatmigkeit der Politik, die dann auch bedeutet, dass man Geschichte geringschätzt – aber zum eigenen Schaden, zum Schaden der eigenen Durchsetzungsfähigkeit.“ Umso wichtiger ist es, dass das 2019 gegründete SPD-Geschichtsforum die Arbeit der Kommission fortsetzt und das SPD-Geschichtsbewusstsein zu bewahren hilft. Als Bernd Faulenbach im November 2023 in Bochum seinen 80. Geburtstag im Kreis vieler Freunde und Kollegen – darunter auch viele Mitglieder der einstigen Historischen Kommission wie auch des neuen Geschichtsforums – feiern konnte, blickte er nicht nur zufrieden auf die Jahrzehnte seines Schaffens zurück, sondern trotz aller Krisen unserer Gegenwart auch mit viel Zuversicht auf die Zukunft.
www.geschichte-arbeiterbewegung.de
Zurück zu Bernd Faulenbach und seine beeindruckenden Auftritte in Lippstadt: Über seine Rede „Woher wir kommen, wohin wir wollen“ auf dem SPD-Stadtparteitag im Frühjahr 2013 befindet sich auf der Homepage www.geschichte-arbeiterbewegung.de mit dem Eintrag am 3. Mai 2013 ein Beitrag. Ebenso beinhaltet diese Internetpräsentation seine Einführung in die Ausstellung „Vom Arbeiterführer zum Reichspräsidenten“ in der Thomas-Valentin-Stadtbücherei mit dem Datum vom 27. September 2016.