Hans Zaremba über einen Friedenszug in Wadersloh
Seit der Veröffentlichung der „Correctiv“-Recherche zum Treffen von Rechtsradikalen in einem Potsdamer Hotel gehen fortgesetzt Menschen in Deutschland auf die Straße, um gegen die unsäglichen Pläne zur Vertreibung von Menschen mit einem Migrationshintergrund zu demonstrieren. So auch in Wadersloh, wo rund 1.000 Bürgerinnen und Bürger an einem Friedenszug und einer Kundgebung für Demokratie und Freiheit teilgenommen haben.
Deutliche Worte
Vom Kirchplatz aus zogen sie über die Wilhelmstraße und Bahnhofstraße zur Festwiese, wo alljährlich im Juni das Schützenfest stattfindet. Ausrichter des Friedenszuges und der Kundgebung „Gemeinsam für Demokratie und gegen Extremismus“ war in der münsterländischen Kommune der Wadersloher Heimatverein. Bei der Veranstaltung im Schatten der katholischen Kirche und des Rathauses waren es der Vereinsvorsitzende Winfried Schlieper und seine Stellvertreterin Jessica Jemella, die durch das rund zweistündige Programm des Nachmittags führten. Der Vormann der Heimatfreunde fand deutliche Worte zur gefährdeten Demokratie: „Wir müssen unsere Demokratie schützen und verteidigen. Das geht nur, wenn wir wählen gehen und in der Mehrheit bleiben. Demokratie ist Arbeit und wir müssen füreinander Sorge tragen.“ Seinen eindringlichen Appell schloss der engagierte Heimatfreund mit: „Wer jetzt noch AfD wählt, ist kein Protestwähler mehr. Keinen Meter den Extremisten.“ Vom Bürgermeister Christian Thegelkamp war zu vernehmen: „Ich finde es beklemmend, wenn ich die antidemokratischen Tendenzen in unserem Land sehe. Wir brauchen Demokratie wie die Luft zum Atmen.“ Der Vorsitzende des Rates und Chef der Verwaltung gab zu erkennen, dass er das Missfallen der Bürger über viele schwierige Themen verstehe: „Doch Unzufriedenheit rechtfertigt nicht das Überschreiten der Grenzen unserer Verfassung und Demokratie. Unsere Demokratie braucht Sie alle jetzt.“ Verbunden wurde die Kundgebung in Wadersloh am zweiten Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine mit einem Gedenken an die vom Krieg leidenden Menschen in der Ukraine.
Franziskanische Werte
Wie vielfältig Wadersloh ist, stellte Maria Hagedorn heraus, die seit fünf Jahren Integrationskurse anbietet. Indessen leben in der Gemeinde am Rand des Münsterlandes Menschen aus 31 Nationen. Mit ihrer Rede gab sie den nach Wadersloh geflüchteten Menschen eine Stimme, wofür ihr viel Beifall gezollt wurde. Mit Hagedorn waren einige geflüchtete Frauen aus der Ukraine, Georgien und Usbekistan auf der Bühne erschienen. In ihrem Namen trug ihre Begleiterin Sätze der Frauen vor. Eine Ukrainerin wurde mit den Bemerkungen zitiert: „Heute bin ich hier, mein Herz ist hier und in der Ukraine und wir vermissen unsere Familien.“ Mit ihren Worten verband die Frau aus dem vom russischen Angriff gepeinigten Land ihren Dank an die Menschen in Wadersloh: „Ihr seid gute Gastgeber.“ Auch andere Personen auf dem Podium warnten vor der AfD angesichts ihrer Umfragewerte mit Blick auf die bevorstehenden Wahlen für das Europaparlament im Juni und die Landtage in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Darunter waren auch der der katholische Diakon Martin Voss und die evangelische Pfarrerin Mandy Liebetrau, die beide auf die mehrheitlich von der AfD vertretene völkisch-nationalistische Gesinnung schauten. Ebenso war mit Martin Große Hundrup ein Lehrer des örtlichen Gymnasiums Johanneum zum Friedenszug und zur Kundgebung gekommen, sich ganz und gar zu den franziskanischen Werten Ökumene, Menschlichkeit und Toleranz seiner Bildungsstätte bekannte: „Ich denke, dass wir als Schule eine große Verantwortung unseren Schülern gegenüber haben.“ Zugleich gestand er seine Angst ein, was auf Deutschland zukomme, wenn die Menschen sich immer intoleranter zeigten und sich in Richtung der AfD und anderer rechter Parteien und Ideologien orientierten.