Augenzeuge der Maueröffnung

Georg Mascolo im Gespräch mit Michael Gröning

Mit Georg Mascolo hatte der 1956 in Lippstadt geborene Professor Michael Göring für die von ihm initiierte Gesprächsreihe „Was ich schon immer mal sagen wollte“ einen bemerkenswerten Publizisten nach Lippstadt geholt. Zweifellos zählt der frühere „Spiegel“-Chefredakteur und langjährige Leiter des vom NDR (Norddeutscher Rundfunk) und WDR (Westdeutscher Rundfunk) sowie der SZ (Süddeutsche Zeitung) getragenen Rechercheverbunds zu „den profiliertesten Investigativ-Journalisten Deutschlands“, wie ihn sein Gastgeber im Lippstädter Stadttheater vorstellte.

Politik von der Ampel bis Trump und der Journalismus waren ihre Themen:
Georg Mascolo (links) antwortete auf Fragen des in Lippstadt geborenen Michael Göring.
Foto: Karl-Heinz Tiemann

Anerkennung

Als „schönsten Moment seines Berufslebens“ bezeichnete der in Hamburg lebende Medienmann seine Zeit als Reporter bei „Spiegel-TV“ mit der Öffnung des Schlagbaums des Berliner Grenzübergangs Bornholmer Straße am Tag des Mauerfalls am 9. November 1989. Die damaligen Aufnahmen sind inzwischen von der UNESCO ins Welt-Dokumentenerbe aufgenommen worden. Ebenso hatte Mascolo im Herbst 1993 die Gelegenheit, gemeinsam mit seinem Kollegen Joachim Preuß (1945-2021) als einzige Journalisten, im Gefängnis eine dreiviertel Stunde lang ein Gespräch mit dem einstigen Stasi-Allgewaltigen Erich Mielke (1907-2000) zu führen. Dabei habe sich das in Moabit einsitzende DDR-Fossil widersprüchlich gegeben. Mit Blick auf die vom Stasi-Gebieter erstrebte Haftverschonung möglichst hinfällig zu erscheinen, andererseits „nicht als Jammerlappen“ zu wirken. Für den 59-jährigen Deutsch-Italiener, der nach einer Ausbildung zum Rechtsanwalts- und Notargehilfen bei der „Schaumburger Zeitung“ sein journalistisches  Handwerk erlernte, nimmt die lokale Berichterstattung „eine unverzichtbare Rolle“ ein. Und den Kolleginnen und Kollegen von „Correctiv“, durch deren Nachforschungen der „Geheimplan gegen Deutschland“ mit der Planung der Deportation tausender Menschen aufgedeckt wurde und in deren Folge bislang über eine Million zu Demonstrationen auf die Straße gegangen sind, zollte Mascolo seine Anerkennung.

Argwohn

Argwöhnisch betrachtete der Gast von Michael Göring eine nicht auszuschließende erneute US-Präsidentschaft von Donald Trump. Dies auch vor dem Hintergrund früherer Vorwürfe des Ex-Staatschefs, wonach Deutschland nach der Wiedervereinigung zu wenig für die Verteidigung aufwende. Verschiedentlich habe der Amerikaner gedroht, Deutschland nicht mehr so umfänglich mit Informationen der US-Geheimdienste zur Terrorbekämpfung zu bedienen. Während Trump in 2017 noch recht planlos ins „Weiße Haus“ gelangt sei, würde der Republikaner bei einem möglichen Wahlerfolg im November 2024 mit einem gut vorbereiteten Umfeld die Aufgabe an den Schaltstellen übernehmen. Mascolo setzt auf die Demokratische Partei mit dem von ihr gestellten Vormann Joe Biden, um ein Comeback von Trump zu verhindern. Dabei klammerte der in Paderborn aufgewachsene heutige Journalist und Buchautor das Problem der aktuellen Washingtoner Administration mit einem fehlenden Nachfolger für den 81-jährigen momentanen Regenten nicht aus. Befragt zu den hohen Umfragewerte der AfD sprach er den Rechtspopulisten jegliche alternative Vorstellungen zur gegenwärtigen Politik ab. Nach seiner Einschätzung werde die jetzige Ampel-Regierung in Berlin bis zum Ende der Legislaturperiode in 2025 bestehen bleiben, auch wenn ihr der Klebstoff inzwischen ausgegangen sei. Vom Bundeskanzler Olaf Scholz erwarte er mehr an Erklärungen für die von ihm als Regierungschef zu verantwortete Politik. 

Hans Zaremba