Mindestlohn muss angehoben werden

Traditioneller Tag der Arbeit auch in Lippstadt

Auf Kundgebungen und Veranstaltungen in ganz Deutschland haben am Mittwoch die Gewerkschaften zum Tag der Arbeit bessere Arbeitsbedingungen und mehr Tarifbindung gefordert. So auch auf dem Rathausplatz in Lippstadt, wo der DGB (Deutsche Gewerkschaftsbund) in diesem Jahr Gabriele Schmidt, Leiterin des Landesbezirkes der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), als Rednerin für das diesjährige Motto „Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit“ aufgeboten hatte.

Ein breites Spektrum – vom Aufkommen der Rechtsextremisten über die Kriege in der Ukraine und in Nahost bis zum Sozialstaat und den Herausforderungen der Gegenwart – umfasste ihre Rede zum Tag der Arbeit auf dem Lippstädter Rathausplatz:
Gabriele Schmidt, Leiterin des Landesbezirkes der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft in Nordrhein-Westfalen.
Foto Hans Zaremba

Klare Botschaft: Gegen Feinde der Demokratie

In ihrer Rede betonte die aus Düsseldorf angereiste Referentin. „Der erste Mai ist unser Tag“ und hob die Arbeitszeitverkürzung, das Urlaubs-, Kranken- und Weihnachtsgeld, Tariftreuegesetz und die Sozialversicherungen als gewerkschaftliche Erfolge hervor. Ebenso erinnerte die Ver.di-Repräsentantin an das dunkelste Kapitel der Geschichte in Deutschland: „Am 2. Mai 1933 wurden die deutschen Gewerkschaften zerschlagen. Millionen Menschen wurden im Dritten Reich verhaftet, gefoltert und ermordet“, blickte sie auf die Folgen der Machtübernahme durch die Nazis und schaute auf die Gegenwart mit der AfD in den Landtagen und im Bundestag. „Und mittlerweile gewinnen Rassismus und rechtsextremes Gedankengut wieder an Boden.“ Es war eine deutliche Botschaft, die von der Gewerkschaftlerin in Lippstadt verkündet wurde: „Eine Partei wie die AfD gehört nicht in die Parlamente und auch nicht auf unsere Plätze. Wir stellen uns gegen die Feinde der Demokratie.“ Dabei begrüßte sie die bundesweiten Demonstrationen nach den Enthüllungen des Netzwerkes Correctiv über ein Treffen von AfD-Leuten und Rechtsextremisten in der Nähe von Potsdam mit den erörterten „Deportationsplänen“ und fügte unter Beifall hinzu: „Wir alle stehen für eine Gesellschaft, in der Menschen gleich welcher Herkunft, gleich welchen Glaubens, gleich welchen Geschlechts friedlich miteinander leben.“ Überdies meinte Gabriele Schmidt: „Mir scheint die Welt aus den Fugen zu geraten“ und erwähnte die Corona-Pandemie mit den Verschwörungstheoretikern, die Machtübernahme durch Diktatoren und Autokraten und die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten. „Ein Ende ist nicht absehbar und täglich sterben unschuldig Menschen.“ Sie frage sich, wo der Aufschrei der Gesellschaft bleibe.

Blick auf den Rathausplatz:
Der Kundgebung schloss sich ein umfängliches Familienprogramm an.
Foto: Karl-Heinz Tiemann

Gebot der Stunde: Eine andere Finanzpolitik

Vor dem Hintergrund der in diesem Jahr vereinbarten Tarifverträge für 12 Millionen Beschäftigte wehrte sich Gabriele Schmidt dagegen, das Streikrecht einzuschränken: „Der Streik ist unsere einzige Möglichkeit, die Arbeitgeber unter Druck zu setzen.“ Sonst wären Tarifrunden nur kollektives Betteln. Kritische Worte fand sie zu den Arbeitgeberverbänden, die den Standort Deutschland kaputt redeten. Die deutsche Wirtschaft befinde sich nicht auf der Intensivstation. „Wir sind immer noch Exportmeister“. Deutschen Unternehmen fehle es nicht an Geld, sie hätten in 2022 und 2023 Rekordgewinne erzielt. Der Mittelstand habe eine historisch hohe Eigenkapitalquote und der Sozialstaat sei auch kein Wachstumshemmnis. Ein funktionierender Sozialstaat sorge für gute Rahmenbedingungen für Arbeitnehmer und Unternehmen. „Er sichert den sozialen Frieden.“ Lohnverzicht und Sozialabbau retteten keinen Arbeitsplatz, sie steigerten nur die Profite. „Wir brauchen gute Arbeit, eine bessere Daseinsvorsorge und mehr soziale Sicherheit“, unterstrich die Gewerkschaftsfrau und forderte: „Der gesetzliche Mindestlohn muss auf 14 Euro angehoben werden.“ Obendrein verlangte sie: „Unternehmen, die Löhne drücken, dürfen keine steuerfinanzierten Aufträge bekommen.“ Zweifelnde Anmerkungen hatte sie zur von der FDP durchgesetzten Aktienrente: „Das erfüllt uns mit großer Sorge und wir sagen klipp und klar. Die Gelder der Beitragszahler dürften nicht an der Börse verzockt werden.“ Für Gabriele Schmidt ist die FDP die „Achillesferse der Ampelkoalition“ und „die Schuldenbremse eine Zukunftsbremse“. Folglich hält sie „eine andere Finanzpolitik das Gebot der Stunde“ für erforderlich. Nach den Auslassungen der vom heimischen DGB eingeladenen Ver.di-Frau brauche Deutschland „ein Sondervermögen für die Herausforderungen unserer Zeit, den Klimawandel und die Transformationen“, dass auch die Infrastruktur, Bildung, Wohnen, Verkehr und Gesundheit umfasse.   

Hans Zaremba